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Einheitspatent

Das Einheitspatent kommt – ein einheitliches Patent für die EU?
Das Patent mit einheitlicher Wirkung (EPeW) steht vor der Tür, Ende 2022 können Sie sich bereits dafür entscheiden!
Gleichzeitig gibt es ein neues Gericht – das Einheitspatentgericht – vor dem ab Anfang 2023 Nichtigkeits- und Verletzungsverfahren zu europäischen Patenten verhandelt werden können.
Die wichtigsten Informationen haben wir hier für Sie zusammengestellt. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie weitere Fragen zum Einheitspatent haben.

Historie

Die Idee, ein einheitliches, für alle Länder der Europäischen Union geltendes Patentsystem zu schaffen, geht zurück bis in die 1970er Jahre. Parallel zur Schaffung des Ihnen bekannten Europäischen Patentes erarbeitete man bereits die Grundzüge eines Patentes für den gemeinsamen Markt. Die verschiedenen Anläufe 1975, 1989, 2000 und 2003 scheiterten insbesondere immer auch an der Frage des Sprachensystems.

Im Jahr 2011 entschieden sich mit Ausnahme von Spanien und Italien alle Staaten der Union, ein Einheitliches Patentsystem im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit zu schaffen. Neben dem Patent als Schutzrecht wurde intensiv über eine Gerichtsbarkeit verhandelt, welche für Verletzungsverfahren und Nichtigkeitsverfahren zuständig sein sollte.

Zunächst erschien ein Inkrafttreten im Jahr 2014 als wahrscheinlich. Verschiedene Klagen gegen die verabschiedeten Verordnungen, auch vor dem Bundesverfassungsgericht, und nicht zuletzt das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union ließen ein Scheitern bis zuletzt möglich erscheinen.

Auch wenn verschiedene Rechtsfragen offenbleiben und längst noch nicht alle der 25 Unterzeichnerstaaten ihre tatsächliche Teilnahme bestätigt haben, ist das Mindestquorum erreicht. Deutschland hat mittlerweile auch die Ratifikationsurkunde für das Protokoll über die vorläufige Anwendung zum Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht hinterlegt.

Das Europäische Patentgericht wird seine Tätigkeit zum 1. April 2023 aufnehmen.

Das Einheitspatent – Einführung

Das Ihnen bekannte Europäische Patent nach dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) zerfällt nach der Erteilung in nationale Patente.

Deshalb wählen Sie im Anschluss an die Erteilung diejenigen Länder aus, in welchen Sie einen Patentschutz wünschen. Die sogenannten nationalen Teile des Europäischen Patentes unterliegen in Hinblick auf die Fragen der Patentverletzung und der Nichtigkeit ausschließlich nationaler Gesetzgebung und nationaler Rechtsprechung, wenngleich es einheitliche Grundlagen gibt. In Folge dessen muss ein Verletzer in jedem Vertragsstaat verklagt und die Nichtigkeit in jedem Vertragsstaat eingeklagt werden.

Das Einheitspatent gilt mit seiner Erteilung für alle zum Zeitpunkt der Erteilung am System teilnehmenden Staaten. Wird eine Verletzung durch das Einheitliche Patentgericht in einem teilnehmenden Staat festgestellt, gilt diese Feststellung automatisch in jedem anderen teilnehmenden Staat ebenfalls. Wird das Patent in für nichtig erklärt, fällt es insgesamt.

In seiner Wirkung ist das Einheitspatent also bis zu einem gewissen Grad vergleichbar mit der Unionsmarke oder dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die als Schutzrechte für alle Staaten der Europäischen Union gelten.

Anmeldung und Erteilung

Das Patent mit einheitlicher Wirkung (EPeW) wird durch das Europäische Patentamt (EPA) erteilt. Das Verfahren zur Anmeldung und Erteilung ist identisch mit dem Verfahren bei der Anmeldung eines Europäischen Patentes (EP) nach den Regeln des EPÜ. Hier ändert sich für den Anmelder also zunächst nichts.

Um das neue Einheitspatentsystem zu nutzen, ist in Zukunft ein “Antrag auf einheitliche Wirkung” zu stellen. Dieser muss spätestens ein Monat nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Europäischen Patents im Patentblatt gem. Art. 97(3) EPÜ gestellt sein. Diese Frist ist nicht verlängerbar.

Der Antrag kann für alle europäischen Patente gestellt werden, für die am oder nach dem 1. April 2023 die Entscheidung über die Erteilung des Europäischen Patents vorliegt. Übergangsmaßnahmen sehen vor, dass auch bereits vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens zum Einheitspatent, bereits ab Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde Deutschlands (vorgesehen für Dezember 2022) Anträge auf einheitliche Wirkung angenommen werden. Des Weiteren ist es möglich, ab Erhalt der Mitteilung nach R. 71(3) EPÜ, eine Aufschiebung der Entscheidung über die Erteilung zu beantragen, um mit einer Patentanmeldung in das neue System hineinzukommen.

Es ist auch möglich, eine Erteilung in beiden Systemen gleichzeitig durchzuführen, insbesondere, wenn ein Patentschutz auch in Staaten außerhalb des EPeW erlangt werden soll. Das nachfolgende Schaubild zeigt den schematischen Ablauf des Anmelde- und Erteilungsverfahrens.

Teilnehmende Staaten

Bis auf Kroatien und Spanien nehmen alle EU-Staaten an der Verstärken Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines Einheitspatents teil. Nach heutigem Stand wird das Einheitspatent mit Wirkung für zunächst 17 Staaten erhältlich sein:

Österreich, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Lettland, Litauen, Luxembourg, Malta, Niederlande, Portugal, Slowenien und Schweden.

Es werden weitere Länder hinzukommen. Das Abkommen haben zudem Zypern, Griechenland, Irland, Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn und Rumänien unterschrieben.

Auch Kroatien und Spanien werden sich noch zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden können, beizutreten.

Praktisch erhält ein Anmelder daher in Kürze das Einheitspatent für 17 Länder. In diesen Ländern sind alle Vorteile des neuen Systems nutzbar und das europäische Patent hat eine einheitliche Wirkung. Besteht Bedarf, Schutz in weiteren EU-Ländern zu erhalten, kann der Anmelder parallel dazu in den übrigen Ländern nach dem herkömmlichen Verfahren sein Patent validieren.

Kosten

Die Kosten des Einheitspatents wie auch des altbekannten Europäischen Patentes lassen sich in die Kosten des Anmelde- und Erteilungsverfahrens, die Kosten der Validierung und die Kosten der späteren Verwaltung teilen. Eine besondere Bedeutung kommt eventuellen Kosten im Falle von Patentstreitigkeiten zu, auf die wir im Zusammenhang mit den Erläuterungen zur neuen Gerichtsbarkeit eingehen.

Anmelde- und Erteilungsverfahren

Da das Anmelde- und Erteilungsverfahren aus dem EPÜ System beibehalten wird, ändern sich die Kosten für diese beiden Verfahrensabschnitte nicht. Die Kosten für die Anmeldung und das Erteilungsverfahrens sind also für das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung (EPeW) und das Europäische Patent nach EPÜ (EP) identisch.

Unter der Validierung wird nach im System des EPÜ das Erfüllen der Voraussetzungen für die Gültigkeit des Europäischen Patentes in den einzelnen EPÜ-Staaten verstanden. Hierzu gehören insbesondere das Einreichen von Übersetzungen und die Bestellung nationaler Vertreter im EPÜ-System.

Für einen Übergangszeitraum von zwölf Jahren ist eine Übersetzung des kompletten EPeW ins Englische vorgesehen, wenn die Anmeldung auf Deutsch oder Französisch erfolgt ist. Liegt der Anmeldetext hingegen in Englisch vor, ist eine Übersetzung ins Deutsche oder Französische erforderlich. Für das EPeW existiert also bis auf weiteres ein der Validierung vergleichbarer Vorgang.

Verwaltung/Jahresgebühren

Die Kosten der Verwaltung des EPeW wie auch des EP sind im Wesentlichen durch die anfallenden Jahresgebühren bestimmt. Weitere Verwaltungskosten können beispielsweise durch Umschreibungen etc. anfallen.

Für das EPeW werden die Jahresgebühren zentral an das Europäische Patentamt zu zahlen sein. Dabei wurde festgelegt, dass die zu zahlende Jahresgebühr in etwa den aufsummierten Jahresgebühren der (damaligen) „True Top 4“ des EPÜ, also Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Niederlande entspricht. Der dahinterstehende Gedanke war, all diejenigen Anmelder als Teilnehmer für das EPeW zu gewinnen, die bisher in diesen Staaten EPÜ-Patente validierten.

Gerne beraten wir Sie zu Kosten und Gebühren in den für Sie relevanten europäischen Ländern.

Das einheitliche Patentgericht – Einführung

Das einheitliche Patentgericht (EPG), engl. Unified Patent Court (UPC), ist eine neue EU-Gerichtsbarkeit, die wesentlicher Bestandteil des Systems des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung (EPeW) ist.

Vor dem EPG wird in Zukunft sowohl über die Verletzung als auch zur Nichtigkeit von Einheitspatenten entschieden. Doch nicht nur für Einheitspatente wird das EPG zuständig sein.

Besonders für Sie als Inhaber bestehender Europäischer Patente wichtig: Auch die bereits bestehenden Europäischen Patente nach EPÜ (EP) werden der Gerichtsbarkeit des EPG unterliegen. Damit wird eine Vereinheitlichung der bisher teilweise differierenden Rechtsprechung im Patentwesen des EPÜ überwunden.

Die Entscheidungen des EPG gelten systemweit. Eine Entscheidung über die Nichtigkeit oder einen Verletzungstatbestand gilt also für alle Staaten, in denen das Einheitspatent oder das Europäische Patent nach EPÜ Geltung hat. Dies ist für EPÜ-Patente eine wesentliche Änderung, denn bislang hatten die Entscheidungen der nationalen Gerichtsbarkeit immer nur Geltung für den jeweiligen nationalen Teil.

Der Aufbau des EPG und die Zuständigkeiten der verschiedenen Gerichtskammern dürfte jedoch zu einer Kostensteigerung in Gerichtsverfahren führen. Unklar ist auch, wie sich die Rechtsprechung dieses Gerichts zu bestimmten Aspekten des Patentrechts entwickeln wird, wobei hier insbesondere auf computerimplementierte Erfindungen und biotechnologische Erfindungen abgestellt wird.

Aufbau des Einheitsgerichts

Das einheitliche Patentgericht (EPG/UPC) besteht in der ersten Instanz aus Lokal- bzw. Regionalkammern und der sogenannten Zentralkammer. Das Gericht zweiter Instanz ist in Luxemburg angesiedelt. Als letzte Instanz dient der EUGH.

Lokal- und Regionalkammern

Lokalkammern sind Gerichtsstandorte innerhalb der Staaten. In Deutschland wird erwartet, dass die Lokalkammern an den Landgerichten in München, Hamburg, Mannheim und Düsseldorf eingerichtet werden. Regionalkammern werden von mehreren Staaten gemeinsam eingerichtet.

So haben die baltischen Staaten und Schweden beschlossen, eine gemeinsame Regionalkammer einzurichten.

Die Lokal- und Regionalkammern werden bei Patentverletzungen angerufen. Im Fall einer gegen das angeblich verletzte Patent angestrengten Nichtigkeitsklage ist die mit der Verletzungsfrage beschäftigte Lokal- oder Regionalkammer zuständig.

Zentralkammer

Die Zentralkammer ist für Nichtigkeitsklagen zuständig, die nicht in Zusammenhang mit einem Verletzungsverfahren stehen (isolierte Nichtigkeitsklage). Die Zentralkammer ist auch für Verletzungsklagen zuständig, wenn keine Lokal- oder Regionalkammer zur Verfügung steht oder die Verletzungsklage einen Beklagten außerhalb der Vertragsstaaten betrifft. Im Übrigen ist die Zentralkammer für Feststellungsklagen zuständig. Die Zentralkammer hat ihren Sitz in München und Paris. Die Zuständigkeit ist durch das technische Fachgebiet festgelegt.

Ursprünglich war auch London als Standort vorgesehen. Ein Ersatzstandort für den vorgesehenen Sitz der Zentralkammer in London ist noch nicht bestimmt worden, vorübergehend werden die Fachgebiete, die für London vorgesehen waren wohl auf München und Paris aufgeteilt werden, bis ein weiterer Standort gefunden ist. Bislang ist Mailand als Ergänzung im Gespräch.

Opt-out / Opt-in Option

Für alle bestehenden EP und für das neue EPeW wird automatisch die neue Gerichtsbarkeit des EPG zuständig sein. Eine Entscheidung des EPG wird ihre Wirkung für alle 17 teilnehmenden Länder entfalten – dies gilt sowohl für bestehende EP als auch für ein neu erteiltes EPeW.

Für bereits bestehende EP kann der Inhaber die Gerichtszuständigkeit noch während einer Übergangszeit von 7 (verlängerbar auf 14) Jahre beeinflussen, indem er einen sogenannten Opt-out Antrag stellt.

Mit einem solchen Antrag bleiben die nationalen Gerichte für das jeweilige EP zuständig. Der Antrag kann nach sieben Jahren noch einmal gestellt werden und um weitere sieben Jahre verlängert werden. Ein Opt-out Antrag ist nur möglich, wenn noch kein Verfahren vor dem EPG anhängig geworden ist (beispielsweise durch eine Nichtigkeitsklage).

Dieser Antrag kann auch für Patentanmeldungen gestellt werden und bereits vor dem Start des EPeW gestellt werden.

Es ist umgekehrt jederzeit auch möglich, gegen eine noch nicht festgelegte Gebühr, einen Opt-in Antrag zu stellen, sodass Patentverletzungs- und Nichtigkeitsverfahren vor dem EPG verhandelt werden.

Opt-out Anträge können ab dem 1. Januar 2023 gestellt werden.

Pro- und Contra EPeW

Inwiefern sich das EPeW, das EPÜ, eine Kombination der beiden Systeme oder auch das Anmelden von einzelnen nationalen Anmeldungen für Sie lohnt, entscheidet sich anhand Ihrer Patentstrategie, insbesondere Ihrer derzeit getätigten Länderauswahl.

Vorteilhaft am EPeW ist die einheitliche Wirkung in den teilnehmenden Staaten. Die bislang notwenigen Validierungen in EPÜ-Staaten entfallen. Auch die Kosten der Jahresgebühren werden sinken, wenn Sie bislang mehr als vier nun am EPeW System teilnehmende EPÜ- Staaten ausgewählt hatten.

Problematisch ist, dass wesentliche Staaten Osteuropas und Spanien an dem System noch nicht teilnehmen. Großbritannien wird über das EPeW nicht erreichbar sein. Auch ist nicht klar wie sich die Rechtsprechung vor dem Einheitlichen Patentgericht entwickeln wird und welche Kosten tatsächlich für Gerichtsverfahren im neuen Gerichtssystem entstehen.

Ihre Entscheidung

Es liegt nun an Ihnen zu entscheiden, was mit Ihren Patentanmeldungen und erteilten Patenten passieren soll.

  • Soll ein Antrag auf ein Patent mit einheitlicher Wirkung gestellt werden, insofern Ihre Patentanmeldungen bei EPA noch anhängig sind?
  • Benötigen Sie den Schutz auch in Ländern, welche nicht am EPeW teilnehmen?
  • Möchten Sie von der opt-Out Möglichkeit Gebrauch machen? Oder sollen alle Verfahren vor dem EPG stattfinden?

Brauchen Sie noch weitergehende Entscheidungshilfen oder Informationen, dann rufen Sie uns gerne an. Wir sind jederzeit für Sie erreichbar.

Weitere Informationen:

Leitfaden Einheitspatent
https://www.epo.org/applying/european/unitary_de.html

Einheitspatentgericht
https://www.unified-patent-court.org/en